Artilleriegefecht: Asien fürchtet sich vor neuem Korea-Krieg - DER SPIEGEL

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Auf der koreanischen Halbinsel geht wieder das Gespenst des Krieges um. Der letzte liegt rund 60 Jahre zurück: Fast eine Million Soldaten und drei Millionen Zivilisten starben in dem


dreijährigen Konflikt, der 1950 mit dem Angriff Nordkoreas auf den Süden begann. Mit dem Waffenstillstand wurden die beiden Staaten entlang des 38. Breitengrads voneinander getrennt. Die


Grenze gilt seither als die gefährlichste der Welt.


Im schlimmsten Fall könnte ein neuer Waffengang in einen Atomkrieg münden. Es wäre ein äußerst ungleicher Kampf: Eine zahlenmäßig große Armee stünde einer deutlich kleineren, dafür aber


technologisch hochgerüsteten Streitmacht gegenüber.


Nordkorea gilt als das am stärksten militarisierte Land der Welt. Seine Armee umfasst rund 1,2 Millionen Soldaten. Damit ist sie die viertgrößte Streitmacht der Welt - hinter China, Indien


und den USA und noch vor Russland. Zudem hat der kommunistische Staat die Zahl seiner Soldaten in Spezialeinheiten, die im Kriegsfall die Speerspitze eines Angriffs bilden würden, erst im


vergangenen Jahr auf 180.000 verdoppelt - und besitzt damit die größte Zahl an Spezialeinheiten weltweit. Das Militärbudget ist - gemessen an den Mitteln des bitterarmen Landes - gewaltig:


Es umfasst nach Angaben des US-Außenministeriums rund sechs Milliarden Dollar (4,4 Milliarden Euro), was mehr als einem Viertel des Bruttoinlandsprodukts Nordkoreas entspricht.


Allerdings gilt die Koreanische Volksarmee im Vergleich zur nur 687.000 Mann starken Armee Südkoreas als rückständig und schlecht ausgerüstet. Die konventionellen Waffensysteme wie


Flugzeuge, Panzer und Artillerie befinden sich weitgehend auf dem Stand der sechziger und siebziger Jahre. Angesichts der wirtschaftlichen Lage Nordkoreas überrascht das kaum: Da die


Regierung kaum aus eigener Kraft die eigene Bevölkerung versorgen kann, hat sie auch kein Geld für eine umfassende Modernisierung der Streitkräfte. Zudem ist seit 2006 ein internationales


Waffenembargo in Kraft, das größere Einkäufe von Rüstungsgütern nahezu unmöglich macht.


Denn ein umfassender bewaffneter Konflikt wäre für den Norden kaum zu gewinnen. Allerdings sind sich Experten sicher, dass auch die USA und Südkorea an einem Krieg kein Interesse haben.


"Washington und Seoul können das Regime in Pjöngjang nicht beseitigen, ohne dabei verheerende Verluste zu erleiden", hieß es in einer 2007 veröffentlichten Studie des Strategic Studies


Institute (SSI) der US-Armee.


Das liegt freilich vor allem an der zahlenmäßigen Stärke der nordkoreanischen Streitkräfte, die allerdings als wenig schlagkräftig gelten. So verfügt Nordkorea über rund 5000 Kampfpanzer und


mehrere hundert amphibische Panzer. Ein Großteil der Ausrüstung stammt aber noch aus der Sowjet-Zeit und ist modernisierungsbedürftig. Südkorea kann auf 2750 Kampfpanzer und rund 2800


gepanzerte Fahrzeuge zurückgreifen, die als deutlich moderner gelten.


Auch die Luftwaffe Nordkoreas ist hoffnungslos veraltet. Sie besteht aus rund 1600 zumeist chinesischen und russischen Modellen der sechziger und siebziger Jahre, wie etwa die MiG-23, MiG-21


und MiG-19. Das modernste ist die rund 30 Jahre alte MiG-29: Schätzungen zufolge soll Nordkorea über 35 Exemplare des russischen Kampfjets verfügen. Fraglich ist allerdings, wie viele davon


aufgrund des Waffenembargos und der damit prekären Ersatzteil-Lage einsatzbereit sind.


Die Südkoreaner dagegen besitzen rund 700 amerikanische Flugzeuge, darunter 173 F-16-Mehrzweckjets und 40 Jagdbomber des Typs F-15K "Slam Eagle", der sich in der Ausschreibung unter anderem


gegen den Eurofighter durchgesetzt hat. Die Luftwaffe Nordkoreas sei "kein Gegner" für Südkorea und die USA, meint Harnisch - sie wäre im Kriegsfall vermutlich schnell vernichtet. "Das


Erringen der Lufthoheit steht in der Planung der USA und Südkoreas ganz weit oben."


An anderer Stelle aber könnte der Norden den Süden empfindlich treffen. Ganz oben auf der Liste der Ziele steht die südkoreanische Hauptstadt Seoul, die nur rund 50 Kilometer von der


Staatsgrenze entfernt ist - und damit innerhalb der Reichweite der nordkoreanischen Artillerie liegt. Die Verwüstung Seouls mit konventionellen Waffen sei "Pjöngjangs glaubwürdigste


Drohung", heißt es in der SSI-Studie.


Da der Norden um seine technologische Unterlegenheit weiß, basiert seine militärische Strategie vor allem auf asymmetrischer Kriegführung. Doch die beschränkt sich längst nicht nur auf die


Störung von GPS-Geräten in Präzisionswaffen oder das Anstreichen von Bodenzielen mit Radar-Tarnfarbe. So soll Nordkorea über ein gewaltiges Arsenal an chemischen und biologischen Waffen


verfügen, die mit Raketen ins Ziel gebracht werden können. Zu Nordkoreas Arsenal zählen mehr als 1800 Raketen unterschiedlicher Reichweite. Südkorea hat kürzlich neue Marschflugkörper mit


einer Reichweite von 1500 Kilometern stationiert, die ganz Nordkorea erreichen könnten.


Auch in Bereichen, in denen sich der Süden für klar überlegen hielt, sind offensichtlich Überraschungen möglich. Eine davon war die Versenkung der "Cheonan", die das Vertrauen der


Südkoreaner in ihre technologische Überlegenheit nachhaltig erschüttert hat. Nordkorea besitzt bis zu 70 U-Boote, darunter rund 20 Boote der russischen Romeo- und Whiskey-Klasse. Sie gelten


als veraltet, laut und deshalb leicht zu orten. Dennoch wurde die "Cheonan" - eine 1989 in Dienst gestellte, moderne Korvette - offenbar torpediert, und das während eines Manövers unter


voller Kampfbereitschaft. "Für die südkoreanische Marine war das eine Katastrophe", sagt Harnisch. Die Medien des Landes stellen inzwischen offen in Frage, ob die Marine den U-Booten des


Nordens gewachsen ist.


Außer den rund 70 U-Booten besitzt Nordkorea mehr als 600 weitere Kriegsschiffe, bei denen es sich jedoch zum größten Teil um kleinere Küstenboote handelt. Größere Hochseeschiffe sind


Mangelware: Nur drei Fregatten befinden sich in der Koreanischen Volksmarine. Der Süden verfügt insgesamt über rund 170 Kriegsschiffe und ein Dutzend U-Boote.


Unter dem Strich, so glauben Militärexperten, könne Nordkorea einen Krieg gegen den Nachbarn im Süden nicht gewinnen. Doch das, argwöhnen die Autoren der Studie des Strategic Studies


Institute, müsse nicht bedeuten, dass ein Krieg ausgeschlossen ist. Ob die Koreanische Volksarmee Erfolg haben könne oder nicht, "spielt keine Rolle" - denn es sei die Wahrnehmung


Nordkoreas, oder genauer: des Diktators Kim Jong Il, die letztlich über Krieg oder Frieden entscheide. "Wenn die Koreanische Volksarmee den Befehl erhält, wird sie angreifen."


Militärparade in Nordkorea: Kim Jong-Il (Mitte) beobachtet am 10. Oktober einen Aufmarsch in Pjöngjang. Gefeiert wird das 65-järige Bestehen der Arbeiterpartei. In Nordkoreas Armee dienen


rund 1,2 Millionen Soldaten. Damit ist sie die viertgrößte Streitmacht der Welt - hinter China, Indien und den USA und noch vor Russland.


Veraltete Technik: Die konventionellen Waffensysteme wie Flugzeuge, Panzer und Artillerie befinden sich weitgehend auf dem Stand der sechziger und siebziger Jahre. Südkoreas Streitkräfte


gelten dagegen als technologisch hochgerüstet.


Unter Verschluss: Seit 2006 ist ein internationales Waffenembargo in Kraft, das größere Einkäufe von Rüstungsgütern für Nordkorea nahezu unmöglich macht.


Vorfahrt für die Armee: Das bitterarme Land hat nach Angaben des US-Außenministeriums ein Militärbudget von rund sechs Milliarden Dollar (4,4 Milliarden Euro). Das entspricht mehr als einem


Viertel des Bruttoinlandprodukts Nordkoreas.


Nordkoreas Diktator Kim Jong-Il (l.) und sein jüngster Sohn Kim Jong-Un (r.): In einem bewaffneten Konflikt könnte der Norden den Süden empfindlich treffen. Südkoreas Hauptstadt Seoul liegt


innerhalb der Reichweite der nordkoreanischen Artillerie.


Spezialeinheiten vor: Das kommunistische Land hat seine Spezialtruppen auf insgesamt 180.000 Soldaten aufgestockt.


Keine Gewinner: Falls es zu einem bewaffneten Konflikt kommt, könnte sich der zu einer Katastrophe für beide Seiten entwickeln. Die zahlenmäßig überlegene Volksarmee Nordkoreas - deren


Soldatinnen auf diesem Bild aufmarschieren - würde starke Verluste erleiden, ebenso die moderne Streitmacht des Südens.


Angriff auf Yeonpyeong: Die südkoreanische Insel im Gelben Meer wurde am 23. November vom nordkoreanischen Militär mit Dutzenden Granaten attackiert.


Brennende Häuser, Tote und Verletzte: Der Angriff der Nordkoreaner stellte eine neue Eskalation im Konflikt mit Südkorea dar - nach Angaben aus Seoul gerieten zwischen 60 und 70 Häuser auf


Yeonpyeong in Brand, es gab zahlreiche Verletzte. Nach südkoreanischen Angaben wurden zwei Soldaten und zwei Zivilisten getötet.


Schwere Krise: Nach der nordkoreanischen Attacke hatte die Regierung in Seoul den höchsten Alarmzustand seit dem Ende des Korea-Kriegs 1953 ausgerufen,...


...Präsident Lee Myung Bak hielt eine Dringlichkeitssitzung in einem unterirdischen Bunker ab.


Konsultation: Präsident Bak suchte ebenfalls die Kommandozentrale der südkoreanischen Streitkräfte auf,...


...der Chief of Staff, Lee Hong Gi, trat nach dem Gefecht vor die Presse und lieferte eine erste Einschätzung der Lage aus südkoreanischer Sicht ab.


Alle in Bereitschaft: Das südkoreanische Militär - hier Soldaten in Seoul - wurde alarmiert.


Unterstützung: Feuerwehrleute verpackten Verpflegungspakete für die Menschen auf Yeonpyeong.


Andacht: Wie hier in Seoul gedachten viele Südkoreaner der Toten und Verletzten auf Yeonpyeong.


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