Börse, Aktien, Zinssenkung: So verstehen Sie die Märkte - und können von ihnen profitieren - DER SPIEGEL

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Muffins mit der Aufschrift »Dax 20.000«: Dieses Ziel wurde zumindest zwischenzeitlich schon erreicht


Sie kennen das vielleicht: Täglich hören Sie in den Nachrichten, wie schlecht es der deutschen Wirtschaft geht, Bürokratie, zu hohe Energiekosten. Sie hören von der immer schwierigen


Situation der Ukraine, von der explosiven Situation im Nahen Osten. Und am nächsten Morgen erklimmt der deutsche Aktien-Leitindex Dax wieder neue Höchststände. 2024 wird für Anlegerinnen und


Anleger absurd erfolgreich. Und nicht der Dax, auch die internationalen Börsen, ganz besonders das Barometer der traditionellen Weltwirtschaft, der MSCI World, performen prächtig.


Was unlogisch klingt, gehorcht einer zunächst verborgenen Logik. Zwei Zusammenhänge gehen beim Blick auf solche Börsenindizes schnell verloren. Erstens, dass nationale Indizes gar nicht so


national sein müssen. In Deutschland kann man das sehen. 80 Prozent der Umsätze der deutschen DAX-Unternehmen werden nicht in Deutschland gemacht. Bei Adidas sind es sogar über 90 Prozent.


Am schönsten konnte man das immer bei der Autoindustrie sehen. VW hat in seinen 39 Werken in China lange Zeit mehr Autos gebaut als alle deutschen Hersteller hierzulande zusammen. Die größte


Autofabrik von BMW steht nicht in Bayern, sondern in Spartanburg, South Carolina. Aber auch BASF, immerhin Eigentümerin der größten Chemiefabrik in Europa in Ludwigshafen, erzielt deutlich


über 80 Prozent seines Umsatzes im Ausland.


Die Mittelständler im MDax jedoch machen einen wesentlich höheren Teil ihrer Umsätze in Deutschland, entsprechend haben sich die Aktienkurse dieser Unternehmen in den vergangenen zwei Jahren


im Schnitt deutlich schlechter entwickelt als bei den Dax-Unternehmen. Eine Krise in Deutschland, in der inländischen Fertigung, beim inländischen Absatz, kann hier durchaus eine Krise bei


Kurswert sein.


Personalabbau wie derzeit bei SAP führt bei der Börse allerdings nicht per se zu Einbrüchen, denn wenn die Kosten von Mitarbeitern wegfallen, mit denen die Konzerne in Zukunft kein Geld zu


verdienen glauben, ist das in der Logik der Aktionäre eine gute Nachricht.


Tatsächlich machen die großen Technologiekonzerne, die glorreichen Sieben (Microsoft, Apple, Amazon, Nvidia, Meta, Tesla und die Google-Mutter Alphabet) inzwischen über 20 Prozent des MSCI


World aus. Auch wenn sie alle amerikanischen Ursprungs sind, erzielen auch sie die wesentlichen Teile ihres Umsatzes im Rest der Welt.


Ein weiteres Missverständnis rührt daher, dass wir Aktien im Grunde betrachten, wie Hunde im Tierheim: Wir glauben, aus ihrer Geschichte auf die Zukunft schließen zu können. Wir stellen uns


vor, dass Aktien gut bewertet sind, weil Menschen in den Firmen in der Vergangenheit gut gearbeitet haben.


Das haben sie womöglich auch. Aber der Aktienkurs ist eine Wette auf die Zukunft, die Hoffnung, dass genau dieses Unternehmen in der Zukunft wahnsinnig erfolgreich sein wird und seine


Eigentümer märchenhaft reich macht. Wie bei Tom Hanks und seinen Apple-Aktien im Film »Forrest Gump«. Der Glaube an diese Möglichkeit treibt den Aktienkurs nach oben. Wenn der Glaube


schwindet, fällt der Kurs. Und dann ist es zunächst egal, ob die Skepsis berechtigt ist oder nicht.


Weil es um die Zukunft geht, werden alle Nachrichten, die diese Zukunft betreffen, an der Börse besonders gierig aufgesogen. Revolut, das Banking Start-up, hat nach dreijährigem Kampf mit


der britischen Bankenaufsicht  auch eine britische Banklizenz bekommen. Der Wert des Unternehmens stieg daraufhin auf 45 Milliarden Dollar, deutlich mehr als die Deutsche Bank. Revolut


berichtet von 45 Millionen Kunden weltweit.


Der Arbeitsmarktbericht in den USA meldete 227.000 neue Jobs allein im November – die Börsen zogen sofort an. Die Investoren glauben an eine weiter boomende US-Wirtschaft. Doch wenn Fed-Chef


Jerome Powell verkündet, dass er die Zinsen 2025 nicht so schnell senken will, brechen die Kurse ein. Die Börsianer befürchten, dass die Zinsen langsamer fallen und die Unternehmen deswegen


in Zukunft weniger investieren.


Die aktuelle Börsendominanz der USA liegt natürlich auch daran, dass der Staat dort sehr viel mehr Geld in die Wirtschaft pumpt als hierzulande. Während der Präsidentschaft von Joe Biden


sind gigantische Programme zur Förderung der Binnenkonjunktur und des ökologischen Umbaus auf den Weg gebracht worden. Die Staatsverschuldung stieg in den vergangenen Jahren von 23.300


Milliarden Dollar 2020 auf 35.300 Milliarden Dollar 2024, also jedes Jahr um über 2000 Milliarden Dollar. Die USA sind bezogen auf ihre Wirtschaftskraft, auch wegen dieser Programme, jetzt


doppelt so stark verschuldet wie Deutschland. Aktuell entscheidend an der Börse ist vor allem, ob sich das ändert. Also, ob die neue Politik für die Zukunft noch mehr staatliche Hilfen oder


noch geringere Steuern verheißt – oder ob diese Zukunft nicht überrascht und schon eingepreist ist.


Die Börsianer schauen normalerweise hoffnungsvoll in die Zukunft. Die Zukunft, das sind aber nicht die Arbeitsplätze, die gerade weggefallen sind, sondern die Geschäftsaussichten des


Unternehmens. Wenn Sie angesichts des Hin und Her und der Stimmungsschwankungen ihrer Mitinvestoren an der Börse keine grauen Haare bekommen wollen, ist es sinnvoll, sich gar nicht so sehr


mit dem Schicksal eines einzelnen Landes oder gar eines einzelnen Unternehmens zu beschäftigen, sondern einfach optimistisch auf die weitere Entwicklung der Weltwirtschaft zu setzen – zum


Beispiel auf die 1400 Firmen im MSCI World  oder die 4300 Firmen im FTSE All World . Wenn Ihre Jobaussichten in Deutschland vielleicht gar nicht so gut sind, geht es Ihrer internationalen


Geldanlage vielleicht dennoch ganz ordentlich.


Wenn Sie die Nachrichten, insbesondere die Wirtschaftsnachrichten verfolgen, wenden Sie das eben Gelernte an. Bleiben Sie entspannt, beobachten Sie die Übertreibungen und sorgen Sie dafür,


dass Sie langfristig von der Börse profitieren und dass Sie kurzfristig nicht kalt erwischt werden können. Ihren Notgroschen sollten Sie jederzeit verfügbar haben, am besten ordentlich


verzinst auf einem Tagesgeldkonto . Etwa drei bis fünf Netto-Monatseinkommen sollten sie dort lagern. Nach der Wahl von Trump haben viele Börsianer gerade in den USA erst mal kurzfristig


höhere Gewinne durch weniger Steuern, weniger Regulierung und mit Zöllen abgeschottete Märkte gesehen. Aber das muss Ihre Absicherung mit dem Notgroschen ja nicht beeinflussen. Wie lange die


gute Stimmung in den USA hält, ist nämlich ungewiss.


Augen auf bei der Bundestagswahl 2025. Nein, ich will nicht, dass Sie jetzt die langen Parteiprogramme lesen. Aber fragen Sie sich ruhig, was Ihnen im Job und im Leben hilft? Mehr


Mindestlohn, Steuererleichterungen für Sie und/oder Ihren Arbeitgeber, auch wenn das mehr Schulden bedeutet? Weniger Bürokratie, damit Ihr Arbeitgeber die Firma erweitern kann? Klimageld,


damit Sie die höheren Energiekosten besser managen können? Geförderte Altersvorsorge mit ETFs? Keine Grunderwerbsteuern, wenn Sie erstmals ein Haus oder eine Wohnung erwerben, um selbst


darin zu wohnen?


Immer gut ist auch ein Plan B, wenn Ihrem Arbeitgeber schwere Zeiten drohen, wenn Ihr Job gefährdet ist, Ihr Gehalt eine Zeit lang wegfällt. Welche Ausgaben können Sie schnell zurückfahren


oder gar ganz streichen? Was ist in Ihrem Leben überflüssiger Luxus? Sprechen Sie auch mit Ihrer Familie über solche Fragen. Die ruhigen Tage zwischen den Jahren sind dafür gut geeignet.


Für all das wünsche ich Ihnen die nötige Ruhe, ein frohes Weihnachtsfest und ein paar besinnliche Tage.


Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Fassung hatten wir den Industriekonzern Linde noch als Dax-Konzern bezeichnet. Er gehört dem Index seit März 2023 aber nicht mehr an. Wir haben die


Stelle gelöscht.


Muffins mit der Aufschrift »Dax 20.000«: Dieses Ziel wurde zumindest zwischenzeitlich schon erreicht


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