Österreich: der kampf der zwei kanzler

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- Das Ergebnis trieb Alfred Gusenbauer Freudentränen in die Augen und die Sozialdemokraten einander in die Arme. Wolfgang Schüssel stierte derweil deprimiert auf die Menge seiner


enttäuschten Anhänger. Wien in der Nacht des 1. Oktober: Mit ihrem Spitzenkandidaten Gusenbauer hatte die SPÖ gerade 35,34 Prozent bei der österreichischen Nationalratswahl geholt. Etwa


einen Prozentpunkt mehr als die bisher regierende christdemokratische ÖVP von Kanzler Schüssel. Wien, gut zwei Wochen später: Fidel geht Wolfgang Schüssel als ÖVP-Delegationsführer in die


Verhandlungen mit der SPÖ. Eine Große Koalition unter einem Bundeskanzler Gusenbauer scheint zwar die logische Folge des Wahlergebnisses, weil es weder für Rot-Grün reicht noch für die


bisherige Koalition aus ÖVP und dem rechtslastigen Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) des Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider. Rein rechnerisch haben die Kräfte von der Mitte bis ganz rechts


im Parlament die Mehrheit: 94 von 183 Sitzen im Nationalrat haben ÖVP, BZÖ und die nationalradikalen Freiheitlichen (FPÖ), Haiders Ex-Partei um den juvenilen Bauernfänger Heinz-Christian


Strache. Ein Zusammengehen mit den rechten Ultras hatte Schüssel im Wahlkampf strikt ausgeschlossen - doch jetzt droht er genau damit der SPÖ im Koalitionspoker um die Macht: Die ÖVP lasse


sich nicht unter Druck setzen, "weil es angeblich nur eine Möglichkeit gibt", sagt der Noch-Kanzler im Interview mit dem "Kurier". Es gebe auch die Möglichkeit von


Dreierkoalitionen, aber die seien "nicht die Priorität". FPÖ ALS SCHÜSSELS "VERHANDLUNGSMASSE" Josef Pühringer (ÖVP), Regierungschef des Bundeslandes Oberösterreich,


unterstützte Schüssel im ORF voll: Es gebe für die ÖVP "keinen Zwang", in eine Große Koalition hineinzugehen. Eine Mehrheit der ÖVP-Funktionäre sei gegen eine Zusammenarbeit mit


der SPÖ. Neuwahlen allerdings seien der "allerletzte Weg" und ein Dreierbündnis mit den Rechtsauslegern Haider und Strache - Achtung, Wortwahl! - "nicht prioritär". Was


heißt das nun? "Wolfgang Schüssel hat nichts ausgeschlossen, das ist strategisch gut gedacht", sagt der Politologe Günther Burkert-Dottolo zu SPIEGEL ONLINE. Er ist Direktor der


Politischen Akademie der ÖVP und langjähriger Ratgeber des Kanzlers. Weil es nach dem Wahlergebnis mit der Großen Koalition nur eine echte Möglichkeit gibt, sei ein Dreierbündnis ÖVP-BZÖ-FPÖ


eben "Verhandlungsmasse" bei den Gesprächen mit der SPÖ. Diese Verhandlungssituation komme Schüssel zupass: "Seine große Gabe sind die Verhandlungen. Jetzt ist er in seinem


Element", sagt Burkert-Dottolo. Schüssel sei derzeit "sehr gut drauf", die depressive Stimmung der Tage nach der Wahl sei verflogen. Tatsächlich denken die Sozialdemokraten


derzeit schmerzhaft ans Wahljahr 1999 zurück, als Schüssel mit SPÖ-Kanzler Viktor Klima wochenlang über eine Fortsetzung der Großen Koalition verhandelte, dann aber ein Bündnis mit Jörg


Haiders damaliger FPÖ einging - und sich als Spitzenkandidat der nur drittstärksten Partei (hinter SPÖ und FPÖ) zum Kanzler machen ließ. Für Wolfgang Schüssel war die Ausgangsposition also


schon mal schlechter als heute. KOALITIONSVERHANDLUNGEN BIS ENDE FEBRUAR? Vor sechs Jahren verhandelte Schüssel 124 Tage. Der Mann hat Ausdauer. Und auch jetzt, sagt der Experte und


Schüssel-Kenner Burkert-Dottolo, läuft es auf einen Marathon hinaus: "Das wird wohl bis Ende Februar dauern." Dabei hatte sich Bundespräsident Heinz Fischer (SPÖ) eine


Regierungsbildung noch vor Weihnachten gewünscht. Seit er sich von Haider zum Kanzler machen ließ, traut die SPÖ Wolfgang Schüssel nicht mehr über den Weg. Warum sollte der ÖVP-Chef sich


jetzt all seiner Macht berauben und mit den Sozialdemokraten eine Koalition aushandeln? Es scheint klar, dass Schüssel unter einem Kanzler Gusenbauer kein Ministeramt anstreben wird.


Schüssels mögliches Kalkül: Mit der SPÖ so lange verhandeln, bis es nicht mehr geht. Die spaltenden Themen zwischen den Parteien scheinen ja auch übermächtig. Gusenbauer will die von der


Regierung Schüssel bei EADS bestellten 18 Eurofighter am liebsten wieder abbestellen, die Studiengebühren abschaffen und die umstrittene Rentenreform zurückdrehen. Die ÖVP will all das


natürlich nicht. Gusenbauer möchte eine 800-Euro-Grundsicherung und die Gesamtschule in Österreich. Dagegen wehren sich die Konservativen. Die ÖVP will die Erbschaftssteuer abschaffen und


Privatisierungen vorantreiben. Das wiederum ist mit den Linken nicht zu machen. Die Lösung? "Gusenbauer schwärmt doch von Kreisky, na also", heißt es bei der ÖVP. Der


Sozialdemokrat Bruno Kreisky hatte 1970 eine Minderheitsregierung mit stiller Duldung der damals ebenfalls stark rechtslastigen FPÖ gebildet. Gusenbauer könne doch jetzt eine rot-grüne


Minderheitsregierung bilden - und sich von FPÖ oder BZÖ tolerieren lassen. Günther Burkert-Dottolo hält das sogar für möglich: Statt einer Großen Koalition erwarte er für Ende Februar


"eher eine rot-grüne Minderheitsregierung". SCHÜSSEL KÖNNTE GUSENBAUER AUFLAUFEN LASSEN Die ÖVP-Strategie dahinter: Rot-Grün würde sich nicht lange halten, FPÖ-Strache wäre kein


verlässlicher Partner, mit dem die Grünen überdies mächtige Probleme hätten. Kurz: Die Regierung Gusenbauer würde schon nach kurzer Zeit scheitern und die ÖVP von Neuwahlen profitieren. Nun


weiß aber auch Heinz-Christian Strache aus österreichischer Erfahrung, dass ihm und seiner nationalen Protestpartei gerade nichts Besseres passieren kann, als gegen eine Große Koalition zu


opponieren. Im "Kurier"-Interview stellte er deshalb jüngst klar: Minderheitsregierungen "unterstützen wir prinzipiell nicht". Ein Bündnis mit ÖVP und BZÖ nannte er


"undenkbar". Bleibt also doch nur die Große Koalition? Die zweite Verhandlungsrunde zwischen SPÖ und ÖVP am heutigen Dienstag ging zumindest gütlich aus: Die Delegationen haben


sich erst mal einen Kassensturz vorgenommen und zehn Arbeitsgruppen gebildet, die gemeinsame Konzepte erarbeiten sollen. Wohl im Wissen um Schüssels Marathonqualitäten versucht sich


Gusenbauer als Tempomacher: Man müsse jetzt zügig loslegen, um in einem überschaubaren Zeitraum zu einem Ergebnis zu kommen. Schüssel widerspricht nicht. Möglicherweise hat er sich seine


Taktik im Nachbarland abgeguckt: Schüssel gibt den Schröder. Der deutsche Ex-Kanzler machte nach der Bundestagswahl 2005 gegenüber der knappen CDU-Wahlsiegerin Angela Merkel auf dicke Hose,


ging mit starker Position für seine Partei in die Koalitionsverhandlungen. Und trat dann ab.


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