Meinung: gesperrte twitter-konten: mach kaputt, was dich kaputt macht – kolumne

------------------------- * * X.com * Facebook * E-Mail * * * X.com * Facebook * E-Mail * Messenger * WhatsApp * Spoiler: Das ist ein Text ohne Lösung. Oder: mit einem mühsamen Ausweg aus

dem Dilemma, in dem sich ganze Gesellschaften gerade befinden, in einer Zeit, in der demokratische Prozesse im Sekundentakt ausgehöhlt werden. Vom Pass mit Fingerabdruck, und mit neuen,

ständig willkürlicheren Gefährderbegriffen, mit dem EU-Entscheid über den Einsatz von Uploadfiltern, mit den dazugehörigen Antiterrorgesetzen – in einer Geschwindigkeit, dass einem

schwindelig würde, wäre man nicht gerade von einer lebens- und existenzvernichtenden Seuche abgelenkt, die die Nachrichten dominiert. Wo ballen sich Macht und Kapital gerade, in welchem

Stadium der Kontrolle und Zensur befinden wir uns also aktuell? Werden immer mehr Gesellschaften bald komplett von Palantir überwacht ? Wo ist die Grenze zwischen Staats- und Selbstzensur?

Als D. Trumps Account von Twitter gesperrt wurde, feierte ein Teil der Twitter-User – vermutlich jene, die sich eher als links-liberal-demokratisch bezeichnen würden – den Vorgang mit Memes,

Ironie und Stößchen. Ich hatte auch eine leise Freude. Als KenFMs Account von YouTube entfernt wurde, wiederholte sich die Party im Netz. Etwas weniger laut wurde bei dem Deplatforming von

LGBT-Konten  gefeiert. Oder hier  oder von Transmenschen oder da . Wegen technischer Fehler verschwanden von Twitter auch Links zu den BlueLeaks der Aktivisten von DdoSecrets . Also was

genau beklatscht man, wenn Accounts plötzlich verschwinden und nicht transparent (Open Source) ist, welche Entscheidungen und/oder Algorithmen zu Deplatforming oder einem Shadowban führen?

Welche Macht haben Privatunternehmen, die außer der technischen Infrastruktur nichts zum unbezahlten Content beitragen? VerteidigerInnen des Deplatformings berufen sich auf das Hausrecht –

aber greift das bei Monopolstellungen ? Der Schweizer Rechtsanwalt Stolkin schlägt vor, soziale Medienplattformen dem Presserecht zu unterstellen. Das begründet nachvollziehbar öffentlich,

wie Medien auch bei Verstößen gegen Menschenrechte mit harten Maßnahmen agieren. Denn nichts ist gefährlicher als die als Meinungsfreiheit getarnte Hetze gegen Minderheiten und

gruppenbezogener Menschenhass (siehe 1933). Eine erfreuliche Utopie wären Open-Source-Plattformen, die der Allgemeinheit gehören und mit EU-Mitteln gefördert werden. Es gäbe also Maßnahmen,

um sich aus der Abhängigkeit amerikanischer oder chinesischer Firmen zu befreien. Und natürlich steht jedem frei, soziale Plattformen zu nutzen oder nicht. Nur ist eine solche Ballung von

Informationen, Vernetzung von Bevölkerungen, Medien und Politik entstanden, dass viele User zwar um die Gefahren der Abhängigkeit wissen, aber keine Alternativen kennen. Die LeaderInnen und

AnhängerInnen der geblockten Riesen- und Klein-Accounts werden sich vermutlich auf anderen Plattformen neu finden. Auf bekannten wie Telegram, oder Parler, falls es die noch gibt, wenn

dieser Text erscheint – oder auf neu entstandenen. Die Gründung eigener, zensurfreier Kanäle wird am erfolgreichsten jenen gelingen, die über Kapital und/oder Verbindungen zum Kapital

verfügen. Große Verlage vornehmlich aus dem nationalistisch-konservativen Umfeld haben das schon vorgemacht. Es wird mit dem Abschalten von einflussreichen InfluenzerInnen nur eine

Verlagerung stattfinden, eine sich verschärfende Lagerbildung innerhalb geschlossener Systeme. Warum auch nicht, denn unzusammenhängend fällt mir der seit dem 15. Jahrhundert bekannte

Ratschlag an alle, die sich für Macht interessieren, ein: divide et impera. Oder auf Deutsch: mach kaputt, was dich kaputtmacht.