Das Covid-Trauma: "Ich schlafe im Sitzen, weil ich Angst habe, zu ersticken"

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Das Covid-Trauma: "Ich schlafe im Sitzen, weil ich Angst habe, zu ersticken""


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+++ Update 30.Oktober 2020, 14.30 Uhr: Markus Söder erwähnte in seiner Regierungserklärung im bayrischen Landtag das Schicksal von Christine Muzel. Er sagte: "Hinter jeder Zahl stehen


unzählige Schicksale." Corona bleibe gefährlich und wenn wir nichts tun, dann hätte das dramatische Folgen. "Und alle die sagen, nur die Todeszahl ist entscheidend: Zwei Berichte von zwei


Menschen, die Corona hatten und haben und die den Medien berichtet haben, was Corona auslöst." Dann zitiert er Christine Muzels Aussagen in diesem Artikel: "Ich schlafe schlecht, träume


katastrophal. Ein einfacher Vergleich: Vor sieben Jahren war ich an Krebs erkrankt. Das war nichts gegen Corona." +++


Wenn Christine Muzel abends in ihr Bett geht, hat sie ein Ritual: Bevor sich die 56-Jährige aus der Nähe von Saarbrücken hinlegt, nimmt sie die Fernbedienung ihres elektrischen Lattenrosts


in die Hand, drückt den „Up-Knopf“ und wartet – solange, bis das Kopfteil ihres Bettes fast senkrecht steht. Erst dann deckt sich Christine zu, schließt die Augen – und betet darum, dass sie


am nächsten Morgen wieder aufwacht.


Seit 6 Monaten schläft die 56-Jährige so - im Sitzen, ohne sich richtig hinzulegen und auszustrecken. Was für andere ganz normal ist, schafft Christine nicht mehr. „Ich habe einfach eine


Riesenangst davor, dass die Luftnot wiederkommt, dass ich im Schlaf einfach ersticke - so wie ich im Frühjahr fast erstickt wäre.“


Christine könnte eigentlich ganz beruhigt schlafen. Sie ist gesund, eine von bislang rund 278.000 Deutschen (Stand 13. Oktober 2020), die das Coronavirus überstanden haben und offiziell als


geheilt gelten. Doch für die 56-Jährige dauert ihr Covid-Trauma an. „Ich weiß, dass es absurd klingt. Aber für mich ist das Virus immer noch da. Es verfolgt mich“, sagt Muzel im Gespräch mit


FOCUS Online. Was die Saarländerin vor einem halben Jahr erlebt hat, kann sie nicht einfach abhaken und vergessen.


Es ist der 20. März, als das Coronavirus beginnt, in Christines Körper zu wüten. Die 56-Jährige arbeitet in einer Gebäudereinigung und kommt immer um 18 Uhr nach Hause, um den restlichen Tag


mit ihren beiden Töchtern und dem Enkel zu verbringen. An diesem Tag geht sie nur noch ins Bett – mit 40 Grad Fieber und einem seltsamen Gefühl in der Lunge. „Ich habe mich gefühlt wie ein


Luftballon, aus dem nach und nach immer mehr Luft herausgenommen wird.“


Als Christine am nächsten Morgen aufwacht, sind plötzlich alle Beschwerden wieder weg. Ein Schnupfen, eine Erkältung, ein grippaler Infekt? Doch schon am nächsten Tag versetzt ihr das


tückische Virus den nächsten Schlag. Christine verliert ihren Geruchs- und Geschmackssinn. Zunächst diagnostiziert die Hausärztin per Telefon eine Lungenentzündung – auch weil ein


Corona-Test negativ ausfällt.


Christine liegt nachts alleine in ihrem Bett, als für sie „die richtige Hölle“ losbricht, wie die 56-Jährige sagt. „Stellen Sie sich vor, Sie atmen tief ein und statt frischer Luft in den


Lungen spüren sie nur Feuer. Sie ringen nach Luft, schreien innerlich vor Verzweiflung, aber nichts hilft. Es ist das schlimmste Gefühl, das man als Mensch haben kann. Ich dachte wirklich,


ich müsste jetzt ersticken.“


Christine zieht schließlich die Reißleine, lässt sich mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus bringen und wird sofort mit einer Sauerstoffmaske beatmet. Die 56-Jährige hat Glück: Wegen ihrer


Asthma-Erkrankung ist sie eigentlich Risikopatientin. Doch die Ärzte schaffe es, sie zu stabilisieren. „Ich bin Nichtraucherin. Das hat mich vermutlich auch gerettet. Zumindest haben mir das


die Ärzte immer wieder gesagt“, berichtet Muzel. Knapp drei Wochen nach den ersten Symptomen kann die 56-Jährige das Krankenhaus verlassen.


Viele Covid-Kranke, bei denen die Infektion nur einen Schnupfen brachte oder gänzlich unbemerkt blieb, leben ihr Leben einfach weiter, wenn sie genesen sind. Doch Christine haben die Wochen


mit dem Coronavirus verändert – nicht nur, weil ihr kurz nach der Erkrankung plötzlich die Haare büschelweise ausfielen und sie immer noch nicht wirklich fit ist. „Ich schlafe schlecht,


träume katastrophal. Ein einfacher Vergleich: Vor sieben Jahren war ich an Krebs erkrankt. Das war nichts gegen Corona“, sagt Christine.


Die Wahrscheinlichkeit, ein zweites Mal an Covid-19 zu erkranken, istnach derzeitigem Forschungsstand äußerst gering. Das weiß auch Christine. Das sagen ihr auch ihre Ärzte. Doch was helfen


Statistiken und Zahlen, wenn das Covid-Trauma so tief sitzt wie bei der 56-Jährigen? „Die Angst, wieder so dazuliegen und keine Luft zu bekommen, ist jeden Tag da. Wenn man das einmal


mitbekommen hat, kriegt man das nicht mehr aus dem Kopf“, sagt Christine.


Die 56-Jährige unternimmt alles, um das Ansteckungsrisiko zu minimieren. Sie geht seltener einkaufen, fährt kaum noch Bus und trägt rigoros Maske. „Als Asthmatikerin könnte ich mich von der


Maskenpflicht befreien lassen. Ich will das aber gar nicht. Wer sich darüber ärgert, dass man mit der Maske nicht richtig atmen kann, sollte mal mit mir sprechen, was wirkliche Atemnot


bedeutet“, schießt Muzel in Richtung Masken-Muffel.


Die Diskussionen darüber, ob die Corona-Regeln nicht überzogen seien und gelockert werden können, ist Christine Muzel leid. „Ich schaue mir die ganzen Talk-Shows nicht mehr an. Ich bin


einfach nur froh, wieder zuhause zu sein und Luft zu bekommen.“


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